Das OLG Saarbrücken hat in seinem Teilurteil vom 29.04.2015 (Az. 2 U 31 / 14) eine Klage trotz entgegenstehender Mediationsklausel im Franchisevertrag ohne vorherige Einleitung eines Mediationsverfahrens für zulässig erachtet.
I. Sachverhalt
Die Klägerin betreibt als Franchisegeberin ein bundesweites Franchisesystem durch selbständige Franchisenehmer. Der Beklagte war Franchisenehmer der Klägerin. Der Franchisevertrag enthielt eine Regelung, nach der sämtliche Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem Franchiseverhältnis zunächst vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung „im Wege einer Mediation einer Lösung zugeführt werden“ sollen. Erst bei Nichtzustandekommen einer Einigung innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten seit Beginn der Mediation oder bei Feststellung des Scheiterns der Mediation durch den Mediator sollte der Rechtsweg zu den Gerichten eröffnet sein.
In der Folgezeit kam es zu Streitigkeiten zwischen den Parteien, die dazu führten, dass der Beklagte den Franchisevertrag außerordentlich kündigte. Nachdem umfangreiche außergerichtliche Vergleichsverhandlungen scheiterten, nahm die Klägerin den Beklagten vor dem Landgericht auf Abschluss von Untermietverträgen sowie Räumung und Herausgabe der Mietflächen des Beklagten in Anspruch, ohne zuvor ein Mediationsverfahren durchzuführen. Die Parteien hatten ein Mieteintrittsrecht der Klägerin in die Gewerbemietverhältnisse des beklagten Franchisenehmers zur Standortsicherung vereinbart.
Das Landgericht wies die Klage als derzeit unzulässig ab. Die Klägerin legte Berufung ein, weil sie wegen der geführten Vergleichsverhandlungen ein Mediationsverfahren für eine reine Förmelei hielt.
II. Entscheidungsgründe
Das OLG Saarbrücken gab der Berufung der Klägerin statt und verwies die Sache zur weiteren Entscheidung zurück an das Landgericht.
1. Wirksamkeit der Mediationsklausel
Die vereinbarte Mediationsklausel sei zwar grundsätzlich wirksam. Die Durchführung der Mediation sei damit eine Prozessvoraussetzung, die bereits bei Erhebung der Klage vorliegen müsse. Auch habe die Beklagte sich im Prozess auf die Einrede der Nichtbeachtung der Mediationsklausel berufen.
2. Treuwidrigkeit der Berufung auf Mediation
Die Beklagte sei jedoch mit der Berufung auf die Mediationsklausel nach Treu und Glauben ausgeschlossen, § 242 BGB. Sinn und Zweck als auch die prozessualen Wirkungen der streitgegenständlichen Mediationsklausel würden denen eines Schiedsvertrages ähneln, weshalb auch hier der Einwand der Treuwidrigkeit Anwendung fände. Es könne der Klägerin nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht mehr zugemutet werden, sich auf ein Mediationsverfahren einzulassen. Ziel der Mediation sei eine Einigung der Parteien, was eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und den beiderseitigen Willen zu einer außergerichtlichen Einigung voraussetze. Dafür sei aber nach dem Scheitern der intensiven und wochenlangen Verhandlungen keine Grundlage mehr vorhanden gewesen. Daher sei nicht im Ansatz erkennbar, dass ein Mediationsverfahren noch ansatzweise erfolgversprechend sei. Die Klägerin könne daher ihre behaupteten Ansprüche unmittelbar gerichtlich geltend machen.
III. Fazit
Mediationsklauseln in Vertriebsverträgen können Fluch und Segen zugleich sein. Auf der einen Seite werden vorschnelle gerichtliche Streitigkeiten vermieden. Auf der anderen Seite sind Mediationsklauseln lästig, wenn klare, eindeutige Ansprüche der Auseinandersetzung zugrunde liegen und ein Verhandlungsspielraum nicht besteht. Eine Mediationsklausel stellt hier ein Prozesshindernis dar, da eine sofort erhobene Klage als unzulässig abzuweisen ist. mIn der vertraglichen Gestaltung sollte daher gerade aus Sicht von Franchisegebern darauf geachtet werden, dass bestimmte Ansprüche von der Anwendbarkeit einer Mediationsklausel ausgenommen werden.