Mit der interessanten Frage, ob eine rechtlich nicht erforderliche Widerrufsbelehrung, die gleichwohl erteilt worden war, zu einem vertraglichen Widerrufsrecht führt, hatte sich der Bundesgerichtshof in sei-nem Urteil vom 06.12.2011 zu beschäftigen (BGH, Urteil vom 06.12.2011 – Az.: XI ZR 401/10).
Auch für das Franchiserecht ist die neuerliche Entscheidung des Bundesgerichthofes interessant, da oft nicht klar ist, ob ein Franchisevertrag eine sog. Warenbezugsverpflichtung für den Franchisenehmer erhält. Nach § 510 Abs. 1 Nr. 3 BGB kann aber nur eine derartige Verpflichtung für den Franchisenehmer zum wiederkehrenden Erwerb oder der Bezug von Sachen ein gesetzliches Widerrufs-recht auslösen.
In vielen Fällen ist nicht hinreichend klar, ob wirklich eine Warenbezugsverpflichtung im Franchisevertrag vorgesehen ist. Zudem bestehen an dieser Stelle Rechtsunsicherheiten, da nach einer älteren Entscheidung des LG Frankfurt (LG Frankfurt, Urteil vom 08.04.1997, Az. 2/18 O 115/96 – n. v.) auch sog. mittelbare oder faktische Bezugsbindungen ein Widerrufsrecht auslösen sollen. Unklarheiten bestehen damit z. B. Regelungen in Franchiseverträgen zu Werbemitteln oder Geschäftspapieren etc.
Wird von einem Franchisegeber eine Widerrufsbelehrung erteilt, obwohl die Voraussetzungen des § 510 Abs. 1 Nr. 3 BGB für ein gesetzliches Widerrufsrecht an sich nicht bestehen, stellt sich die Frage, ob mit der vermeintlich gesetzlich erforderlichen Widerrufsbelehrung ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt worden ist.
In einer früheren Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof die bei unklarer Rechtslage in einem (Bierlieferungs-)Vertrag aufgenommene „Belehrung über das Widerrufsrecht“ zugleich als Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrechts ausgelegt (BGH, NJW 1982, S. 2313).
In seiner jüngsten, hier zitierten Entscheidung gibt sich der Bundesgerichtshof zurückhaltender. Es könne nicht immer, wenn ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, aus der Erteilung einer Widerrufsbelehrung auf die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechtes geschlossen werden. Dies hätte nämlich zur Folge, dass es auf die Voraussetzungen des gesetzlichen Widerrufsrechtes nicht mehr ankäme.
Im konkreten Falle bestand weiterhin die Besonderheit, dass es sich um eine nachträgliche Widerrufsbelehrung handelte, so dass sich die Frage stellte, ob insoweit auch nachträglich ein Widerrufsrecht vereinbart war. Auch hierin sah der Bundesgerichtshof jedoch keinen Umstand, der zu einer anderen Bewertung der Sache hätte führen können.
Der Bundesgerichtshof betont, dass sich die Frage der Einräumung eines derartigen vertraglichen Widerrufsrechtes aus der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ergeben müsse, da auch vorformulierte Widerrufsbelehrungen allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB seien. Bei Würdigung der Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners gelangt der Bundesgerichtshof im konkreten Fall dazu, dass die Parteien ein vertragliches Widerrufsrecht nicht einräumen wollten.
Fazit: Da es laut der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich auf die Einzelfallumstände bei der Frage, ob die Parteien ein vertragliches Widerrufsrecht vereinbaren wollten bzw. haben, ankommt, sollte an diesem Punkt eine ausdrückliche vertragliche Regel im Franchisevertrag enthalten sein. Im Rahmen der Erteilung des Widerrufsrechts sollte klar gestellt werden, ob gleichzeitig ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt werden soll oder nicht.