Das LG Bochum hat sich in seinem Beschluss vom 05.07.2017, Az. I-3 O 165/17 mit der Frage beschäftigt, ob der Franchisegeber dem Franchisenehmer die Führung des Franchisebetriebes durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung aufgeben kann.
I. Sachverhalt
1. Der antragstellende Franchisegeber hatte mit dem Antragsgegner einen Franchisevertrag abgeschlossen, nach dem dieser verpflichtet war, sein Franchisegeschäft in einem Einkaufscenters während der Öffnungszeiten zu betreiben. Hauptmieter des Ladengeschäftes war der Franchisegeber, der mit dem Franchisenehmer einen Untermietvertrag abgeschlossen hatte. Im Mietvertrag zwischen den Franchisegeber und dem Einkaufszentrum war eine Vertragsstrafe für den Fall des Nichtbetriebes des Ladengeschäftes in Höhe einer Monatsmiete vorgesehen. Auch der Franchisevertrag enthielt eine Vertragsstrafenregelung für den Fall eines Verstoßes gegen die Betriebsführungspflicht des Franchisenehmers.
2. Der Franchisenehmer stellte entgegen der Betriebspflicht seinen Geschäftsbetrieb ein, was er dem Franchisegeber einen Monat zuvor angekündigt hatte. Er begründete dies damit, dass er bei einem Weiterbetrieb erhebliche Vermögensnachteile erleiden werde und seine Existenz gefährdet sei.
3. Der Franchisegeber versuchte im Wege der einstweiligen Verfügung, den Franchisenehmer zum Fortbetrieb seines Geschäftes zu verpflichten. Er begründete die Eilbedürftigkeit des Antrages damit, dass er anderenfalls erhebliche Schäden sowie seine Marke einen Imageverlust erleide.
II. Entscheidungsgründe
1. Das LG Bochum lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab. Zwar möge sich aus dem Franchisevertrag ein Verfügungsanspruch des Franchisegebers ergeben. Dies könne jedoch dahinstehen.
2. Es fehle vorliegend jedoch an der erforderlichen Dringlichkeit, §§ 935, 940 ZPO (sog. Verfügungsgrund).
a) Die begehrte Verurteilung zum Betrieb stelle eine sog. Leistungsverfügung, an die hohe Anforderungen zu stellen seien, da es zu einer Vorwegnahme der Hauptsache komme.
Erforderlich sei eine besondere Dringlichkeit. Das Interesse des Franchisegebers an dem Fortbetrieb des Geschäftes überwiege nicht die Interessen des Franchisenehmers. Dies folge weder aus der Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe an den Vermieter, noch aus dem behaupteten Imageverlust. Dem Franchisegeber stehe zur Durchsetzung der Betriebspflicht die Vertragsstrafe gegen den Franchisenhmer zur Verfügung. Die eigene Inanspruchnahme durch den Vermieter stelle keine wirtschaftliche Existenzbedrohung für den Franchisegeber dar, denn die mit dem Vermieter vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe einer Monatsmiete sei wirtschaftlich überschaubar. Ein Imageverlust durch die Geschäftsaufgabe sei zwar grundsätzlich denkbar, stelle jedoch ein branchentypisches Geschäftsrisiko dar.
b) Dem Franchisenehmer entstünden im Falle des Erlasses einer einstweiligen Verfügung erheblichste Vermögensnachteile bzw. eine Existenzgefährdung. Da der Franchisenehmer bereits einen Monat vorher die Betriebseinstellung angekündigt habe, sei davon auszugehen, dass dieser sich bereits seit längerer Zeit auf die Geschäftsaufgabe eingestellt habe. Zur Fortführung des Betriebes müsste er daher neue Verbindlichkeiten gegenüber Mitarbeitern und Lieferanten eingehen. All dies führe zum Überwiegen der Interessen des Franchisenehmers.
III. Fazit
1. Die Durchsetzung einer Betreiberpflicht aus dem Franchisevertrag im Wege der einstweiligen Verfügung ist schwierig bzw. möglicherweise so gut wie unmöglich ist. Denn dabei handelt es sich um seine sog. Leistungsverfügung, die nicht nur der Sicherung eines Anspruches dient, sondern zugleich auf seine Erfüllung (die Fortführung des Betriebes) gerichtet ist. An den Erlass einer solchen Leistungsverfügungen sind nach §§ 935, 940 ZPO höchste Anforderungen zu stellen, weil die bei Erlass erlittenen Vermögensopfer später in der Regel nicht mehr vollständig rückgängig gemacht werden könnten.
2. Im Gewerberaummietrecht ist allerdings teilweise die Durchsetzung der Betreiberpflicht im Wege der Leistungsverfügung anerkannt (KG Berlin, Urteile vom 17.07.2003, Az.: 22 U 149/03 und 28.01.2013, Az.: 8 W 5/13). Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf das Franchiserecht ist aber nur möglich, wenn dem Franchisegeber eine erhebliche Notlage droht. Auch dürfen dem Franchisegeber keine vertraglichen Mittel zur Durchsetzung, wie zum Beispiel eine Vertragsstrafe, zur Verfügung stehen. Ein pauschaler Hinweis auf ein Imageverlust ist hierfür nicht ausreichend.
3. Höchstrichterlich ungeklärt und in der Entscheidung des LG Bochum nicht erwähnt ist die Frage, ob im Falle einer Verurteilung zur Betriebspflicht überhaupt eine Vollstreckung dieses Titels möglich ist. Enthält der Franchisevertrag die persönliche Verpflichtung des Franchisenehmers zum Betrieb des Franchisegeschäftes, handelt es sich um eine sog. unvertretbare Handlung, weil sie nicht von einem Dritten vorgenommen werden kann. Die Zwangsvollstreckung erfolgt durch Zwangsgeld oder Zwangshaft, § 888 Abs. 1 ZPO. Nach § 888 Abs. 3 ZPO ist die Zwangsvollstreckung bei der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstverhältnis jedoch nicht zulässig. Ein erwirkter Titel kann dann schlichtweg nicht durchgesetzt werden. Da Franchiseverträge auch dienstvertragliche Elemente enthalten, könnte dies bedeuten, dass eine Betriebspflicht des Franchisenehmers nicht vollstreckt werden könnte.