Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 25.10.2012 – Az.:VII ZR 56/11) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob § 90a HGB auch auf Wettbewerbsverbote Anwendung findet, die die Parteien nach der formellen Beendigung des Vertriebsvertrages vereinbart haben.
§ 90a HGB Abs. 1 HGB sieht vor, dass nachvertragliche Wettbewerbsverbote für längstens zwei Jahre von der Beendigung des Vertragsverhältnisses an getroffen werden dürfen und sich in örtlicher Hinsicht nur auf den dem Vertriebspartner zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis und in sachlicher Hinsicht nur auf die Gegenstände, die Gegenstand des Vertriebsvertrages gewesen sind, beziehen darf. Weiterhin war in der Entscheidung vom Bundesgerichtshof zu klären, welche Rechtsfolgen bestehen, wenn das nachvertragliche Wettbewerbsverbot die Grenzen des § 90a Abs. 1 HGB in zeitlicher, örtlicher oder sachlicher Hinsicht überschreitet.
Zunächst stellt der Bundesgerichthof fest, dass § 90a HGB auch Anwendung auf Vereinbarungen findet, die nach oder bei der formellen Beendigung des Vertriebsvertrages getroffen werden. Dies gelte allerdings nur dann, wenn sich die Parteien über wesentliche Elemente des Wettbewerbsverbotes schon während der Laufzeit des Vertriebsvertrages geeinigt haben oder sich die typische Abhängigkeit des Vertriebspartners vor oder während des Vertragsverhältnisses auch noch nach Beendigung des Vertriebsvertrages fortsetze. Für den Bundesgerichtshof stellte sich weiterhin die Frage, ob das streitgegenständliche Wettbewerbsverbot, das in zeitlicher, örtlicher und sachlicher Hinsicht die Grenzen des § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB überschritt, wirksam war.
Zunächst stellte der Bundesgerichtshof fest, dass die streitgegenständliche Klausel keine Allgemeine Geschäftsbedingung war und sich damit nicht einer AGB-Kontrolle nach § 307 BGB stellen musste. Eine derartige Prüfung hätte wohl zur Unwirksamkeit der Klausel geführt, da das vertraglich vorgesehene Wettbewerbsverbot – wie aufgezeigt – von dem gesetzlichen Leitbild des § 90a Abs. 1 Satz 2 BGB abwich. Im Falle einer AGB-Kontrolle ergibt sich daraus jedoch in der Regel die Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Aufgrund des Umstandes, dass die Parteien die gesamte nachvertragliche Vereinbarung, zu der auch das Wettbewerbsverbot gehörte, individuell ausgehandelt hatten, hatte sich das vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot jedoch nur einer Prüfung nach § 90a HGB zu stellen. Der Bundesgerichtshof gelangte dabei zu dem Ergebnis, dass das Wettbewerbsverbot nur insoweit unwirksam war, als dies die Vorgaben von § 90a Abs. 1 HGB in örtlicher, zeitlicher und sachlicher Hinsicht überschritt, und reduzierte daher das Wett¬bewerbsverbot auf die in § 90a Abs. 1 S. 2 HGB vorgesehenen Höchstgrenzen, also in zeitlicher Hin¬sicht auf zwei Jahre, örtlich auf das bis¬herige Tätigkeitsgebiet des Vertriebspartners und in sachlicher Hinsicht auf die bisherigen Vertriebstätigkeiten.
Fazit: § 90a HGB ist auch auf erst nach Beendigung oder aus Anlass der Beendigung von Franchiseverträgen abgeschlossene nachvertragliche Wettbewerbsverbote anwendbar, wenn die wesentlichen Elemente des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes schon während der Laufzeit des Franchisevertrags in Rede standen oder weiterhin eine Abhängigkeit des Franchisenehmers gegeben ist, wie sie auch vor und bei Abschluss des Franchisevertrages vorhanden war.
Dies könnte möglicherweise dann der Fall sein, wenn von Franchisegeber weiterhin erhebliche Ansprüche gegen den Franchisenehmer geltend gemacht werden oder der Franchisegeber die vom Franchisenehmer erklärte einseitige Vertragsbeendigung bestreitet. Soweit in Standard-Aufhebungsverträgen des Franchisegebers die Grenzen des § 90a HGB überschritten werden, könnte darüber hinaus eine Unwirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes vorliegen, da Allgemeine Geschäftsbedingungen sich an dem gesetzlichen Leitbild des § 90a HGB orientieren müssen. Nur im Falle eines individuellen Aushandelns findet ausschließlich § 90a HGB Anwendung, so dass in diesen Fällen eine Überschreitung der örtlichen, zeitlichen und sachlichen Grenzen des § 90a HGB unschädlich ist. Im Zweifel werden sich jedoch die Vertragsparteien an den von § 90a Abs. 1 HGB vorgegebenen Grenzen zu orientieren haben.