BSozG: Ein-Mann-Franchisenehmer sind rentenversicherungspflichtig

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 04.11.2009 eine für das gesamte Franchiserecht wichtige Entscheidung zur Versicherungspflicht von Franchisenehmern in der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht getroffen.

Gegenstand der Entscheidung ist § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Danach sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungs­pflichtig selbständig tätige Personen, die

a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen

und

b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind.

Im der Entscheidung des Bundessozialgerichts zugrunde liegenden Sachverhalt betrieb die gegen ihre Versicherungspflicht klagende Franchisenehmerin einen Backshop, den sie auf der Grundlage eines Franchisevertrages eröffnet hatte. Der Franchisevertrag enthielt die übliche Bezugsbindung an die vom Franchisegeber vorgegebenen Backwaren, die Verpflichtung zur Zahlung einer Eintrittsgebühr und laufender monatlicher Franchisegebühren. Daneben hatte die Franchisenehmerin die Räumlichkeiten vom Franchisegeber angemietet, der im Rahmen der Vermietung der Franchisenehmerin auch eine betriebsfertige Ladeneinrichtung überlassen hatte.

Nachdem die Sozialversicherungsbehörden die Versicherungspflicht der Klägerin nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt hatten, gab das erstinstanzliche Sozialgericht der Klage der Franchisenehmerin gegen die Einordnung ihrer Franchisetätigkeit als rentenversicherungspflichtig statt. Im Berufungsverfahren hob das LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 04.04.2008 – Az. L 8 R585/05) das erstinstanzliche Urteil jedoch auf und wies die Klage der Franchisenehmerin ab.

Das Bundessozialgericht bestätigte in der genannten Entscheidung die Auffassung des LSG Berlin-Brandenburg und urteilte, dass die Franchisenehmerin in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig war.

Zum Einen sei maßgeblich dafür, dass die Klägerin regelmäßig ohne versicherungs­pflichtigen Arbeitnehmer selbständig tätig war, da sie lediglich einen geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV mit einer monatlichen Vergütung beschäftigte, die einen Betrag in Höhe von € 400,00 € nicht überstieg.

Des Weiteren sei einziger Auftraggeber der Franchisenehmerin der Franchisegeber. Dies ergebe eine historische und nach Sinn und Zweck ausgerichtete Auslegung des Begriffsmerkmals „Auftraggeber“ in § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Maßgeblich für die Auslegung von § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sei nicht der zivilrechtliche Begriff des Auftrags im Sinne von § 662 BGB. Sozialversicherungsrechtlich müsse der Begriff weit verstanden werden, so dass von der Norm neben Vermittlungs- oder Agenturmodellen insbesondere auch Franchise-Systeme erfasst würden. Auch im Hinblick auf den in § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI verfolgten Schutzzweck sei es konsequent, Ein-Mann-Franchisenehmer ohne versicherungspflichtigen Arbeitnehmer in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen.

Die Franchisenehmerin sei nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für ihre selbständige Tätigkeit vollständig von ihrem Franchisegeber abhängig und könne ihre Tätigkeit außerhalb des Franchisevertrages nicht ausüben, weil ihr insoweit weder Betriebsmittel noch Lieferbeziehungen zur Verfügung stünden, urteilten die höchsten Sozialrichter. Da die Franchisenehmerin auch keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigte, rücke ihre Franchisetätigkeit nach dem gesamten Umfang und Erscheinungsbild „in die Nähe einer abhängigen Verkaufstätigkeit“. Im Ergebnis seien daher nicht die Kunden der klagenden Franchisenehmerin, sondern der Franchisegeber Auftraggeber im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI dar. Die klagende Franchisenehmerin übe daher im Rahmen ihres Franchisebetriebes eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit aus.

Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass Franchisenehmer, die nicht in die gesetzliche Rentenversicherung fallen wollen, mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigen sollten, der eine monatliche Vergütung von mehr als 400,00 € erhält.

Sofern dies nicht der Fall ist, wird für die Einordnung des Franchisenehmers entscheidend sein, ob sich die Franchisetätigkeit nach ihrem gesamten Erscheinungs­bild in eine abhängige Verkaufstätigkeit einfügt. Das Bundessozialgericht deutet an, dass dafür das gesamte Absatz-Konzept des Franchisesystems zur Beurteilung heranzuziehen sei. Maßgeblich wird insbesondere sein, ob es dem Franchisenehmer rechtlich und faktisch möglich bleibt, weitere nennenswerte unternehmerische Betätigungen und zusätzliche Verdienstmöglichkeiten zu haben. Damit sollte nicht vereinbar sein, wenn für den Franchisenehmer im Franchisevertrag eine Pflicht zur höchstpersönlichen Leistung besteht.

Rechtsfolge der Einordnung in die gesetzliche Rentenversicherungspflicht ist, dass der Franchisenehmer trotz seiner selbständigen Tätigkeit gemäß § 169 Nr. 1 SGB VI Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen hat. Gemäß § 190a Abs. 1 SGB VI sind selbständig Tätige verpflichtet, sich innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu melden. Ansprüche (auf nicht gezahlte) Beiträge verjähren grundsätzlich gemäß § 25 SGB IV in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge fällig geworden sind. Soweit die Ansprüche vorsätzlich vorenthalten werden, verjähren die Beiträge sogar erst in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind.

Im Ergebnis sollten sich daher auch für rückständige Zeiten erhebliche Haftungsrisiken für Ein-Mann-Franchisenehmer ergeben.

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