Kammergericht, Beschluss vom 06.11.1998 – 13 W 6127/98 (-Sunpoint II-)

mitgeteilt von Rechtsanwalt Dr. von Kenne, Berlin.

Leitsatz der Redaktion:

Im Rahmen der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten einer Klage im Prozesskostenhilfeverfahren ist das Vorbringen des Franchisenehmers, er sei durch falsche Angaben über den realistischen zu erwartenden Gewinn, den mit dem konkreten Objekt erzielbaren Umsatz und durch unzureichende Aufklärung über die der angepreisten Rentabilitätsberechnung zugrundeliegenden Unwägbarkeiten und Risiken zum Abschluss des Partnerschaftsvertrages bestimmt worden, ausreichend um die Erhebung einer Klage zu rechtfertigen. Die Klage ist grundsätzlich auf die Geltendmachung nur eines erststelligen Teilbetrages in Höhe von 60.001 DM ( Revisionsgrenze) zu beschränken.

Gründe:

Die gemäß § 127 ZPO zulässige Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

Dabei kann dahinstehen, ob die von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung entwickelten Grundsätze auf die entgeltliche Übertragung einer Nutzungsberechtigung ohne weiteres übertragbar sind. Dort sind die Werbeprospekte in der Regel die einzige Informationsquelle der interessierten Anleger, die zudem auf die wirtschaftliche Entwicklung der Beteiligungsgesellschaft auch keinen Einfluß haben.

Nach dem unter Beweis (Zeugnis des Mitarbeiters der Beklagten Christian Henke) gestellten Vorbringen des am 6. Oktober 1970 geborenen Klägers hat die Beklagte ihn durch falsche Angaben über den realistischen zu erwartenden Gewinn, den mit dem konkreten Objekt erzielbaren Umsatz und durch unzureichende Aufklärung über die der angepreisten Rentabilitätsberechnung zugrundeliegenden Unwägbarkeiten und Risiken zum Abschluss des Partnerschaftsvertrages vom 19. Juni 1995 (Franchisevertrag über das Betreiben eines unter der Marke der Beklagten „Sunpoint“ in von der Beklagten untervermieteten Räumen in Falkensee zu führenden Bräunungsstudios) bestimmt. Sie hat es – ohne daß es insoweit auf die vom Landgericht für bedeutsam erachtete Frage der Zusicherung ankäme – dem Kläger in den Vertragsverhandlungen als sicher dargestellt, daß er mit dem Abschluss des Franchisevertrages und der Investition eines Eigenkapitals von 130.000 DM von der Beklagten ein „schlüsselfertiges Bräunungsstudio“ in kundenfrequenz- und umsatzstarker Lage (mit einer Auslastung der Geräte wie im Durchschnitt aller Bräunungsstudios der Beklagten von 39-45 %) erhalten würde, mit dem sich bereits nach einer Anlaufzeit von zwei Monaten im ersten Jahr bei einer Umsatzrendite von 27,2 % ein monatlicher Gewinn von rund 8.232 DM erzielen ließe (vgl. die auf das konkrete Studio bezogene Rentabilitätsaufstellung des Mitarbeiters der Beklagten Henke, B. 68 d.A. sowie dessen Aufstellung der Betriebskosten vom 19. Juni 1995 Bl. 141 und die Aufstellung über Kosten für den Innenausbau, B. 142).

Tatsächlich lag die Geräteauslastung in dem vom Kläger sodann betriebenen Bräunungsstudio in der Zeit vom 27. Januar 1996 bis zum 17. September 1996 nur bei 13,65 % (Bl. 126), so daß der Betrieb keine Gewinne erbrachte und der Kläger seine Verpflichtungen aus den Franchise- und dem Untermietervertrag nicht mehr erfüllen konnte. Nach dem weiter unbestrittenen Vorbringen des Klägers lag dies an der (schlechten) Standortwahl, wobei der Standort von der Beklagten vorgegeben wurde, und nicht auf dem Ansatz überhöhter Betriebskosten oder einem mangelnden unternehmerischen Vermögen des Klägers. Bei dieser Sachlage (erheblich falscher Angaben über Umsatz und Gewinn des Betriebs) erscheinen Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Schadensersatz nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, BGB, 57. Auflage, 276 Rdnr. 80a mwN.) im Rahmen der hier im Prozesskostenhilfeverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung hinreichend erfolgversprechend, wobei allerdings auf dieser Anspruchsgrundlage der in seinem Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben seines Vertragspartners Enttäuschte (nur) so zu stellen ist, wie er bei vollständiger und richtiger Offenbarung der für seinen Vertragsabschluß erheblichen Umstände stünde (vgl. BGH NJW-RR 1989, 307, sogenanntes negatives Interesse). In diesem Fall hätte der Kläger nach seinem unbestrittenen Vorbringen sein Eigenkapital von 130.000 DM nicht in die Übernahme dieses Sonnenstudios der Beklagten investiert. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang diese 130.000 DM – und eventuell auch noch weitere Aufwendungen – für den Kläger ersatzlos verloren sind und auch nicht durch aus dem Geschäftsbetrieb erzielte Gewinne oder sonstige geldwerten Vorteile ausgeglichen wurden, brauchte im Prozesskostenhilfeverfahren nicht abschließend geprüft zu werden.

Die dem Kläger zu bewilligende Prozesskostenhilfe war allerdings auf einen Wert über 60.000 DM zu beschränken. Auch eine nicht arme Partei, die die Kosten der Rechtsverfolgung selbst tragen müsste, würde – wie der Kläger dies hier, allerdings mit einem höheren Betrag, auch tut – den Streitgegenstand durch die Geltendmachung nur eines erststelligen Teilbetrages beschränken, wobei für die Geltendmachung von die Revisionsgrenze übersteigenden 60.001 DM (Gebührenstufe bis 70.000 DM) ein anerkennenswertes Interesse zu bejahen ist.

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