In vielen Vertriebs- und Franchiseverträgen finden sich regelmäßig sog. Vertragsstrafen, nach denen meist allein der Vertriebsmittler / Franchisenehmer zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet ist, wenn bestimmte Pflichten aus dem Vertriebs- / Franchisevertrag verletzt werden. Hinsichtlich der Höhe der zu zahlenden Vertragsstrafen werden teilweise feste Summen, teilweise auch der sog. „Hamburger Brauch“ vorgesehen, nach dem eine Vertragsstrafe zu zahlen ist, deren Höhe vom Franchisegeber nach billigem Ermessen festgesetzt wird und die vom Franchisenehmer gerichtlich überprüft werden kann.
Auch das OLG Oldenburg (Urteil vom 24.07.2012 – Az. 13 U 13/12) hatte sich in der hier zitierten Entscheidung mit einer derartigen Vertragsstrafenklausel zu beschäftigen. Dort fand sich folgende Klausel:
„Vermittelt der Finanzdienstleister während der Laufzeit des Vertrages unter Verletzung des Wettbewerbsverbotes konkurrierende Produkte oder Dienstleistungsgeschäfte für Dritte, verpflichtet er sich für jedes einzelne vermittelte Geschäft zur Zahlung einer Vertragsstrafe an (…). Die Vertragsstrafe beläuft sich auf das Dreifache der erstjährigen Abschlussprovision, die der Finanzdienstleister aus dem Geschäft von (…) zu beanspruchen hätte, wenn er es vertragsgemäß bei (…) eingereicht hätte.“
Das OLG Oldenburg gelangte zu dem Ergebnis, dass die Vertragsstrafenregelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhält. Grund dafür sei, dass eine Vertragsstrafe einerseits als Druckmittel zur ordnungsgemäßen Leistungserbringung und andererseits als Möglichkeit einer erleichterten Schadensdurchsetzung eingesetzt werden könne. Durch die Anknüpfung der Vertragsstrafe an den möglichen Verdienst des Handelsvertreters sei ein konkreter Bezug zur Schwere des Einzelverstoßes hergestellt, so dass die Sanktion nicht außer Verhältnis zum Gewicht des Verstoßes und zu dessen Folge sei. Zwar fehle es vorliegend an einer summenmäßigen Begrenzung. Dies führe allerdings nur in speziellen Fällen zur Unwirksamkeit der Klausel. Die Vertragsstrafe könne zudem bereits deshalb über dem zu erzielenden Verdienst des Vertriebspartners liegen, um überhaupt eine abschreckende Wirkung erzielen zu können.
Fazit: Trotz der Entscheidung des OLG Oldenburg sollten feste Vertragsstrafen in Vertriebs- / Franchiseverträgen erheblichen Wirksamkeitsbedenken ausgesetzt sein. Grund dafür ist, dass nach ganz herrschender Auffassung nach der Art und der Schwere des Verstoßes zum einen sowie dem Grad des Verschuldens des Franchisenehmers auf der anderen Seite zu differenzieren ist. Unzulässig ist es daher in jedem Falle, wenn dieselbe Vertragsstrafenhöhe für unterschiedliche Arten von Pflichtverletzungen vorgesehen sind (ebenso: OLG München, Urteil vom 29.07.2010, Az. 23 U 5643/09; LG Erfurt, Urteil vom 01.06.2011, Az. 10 O 1247/10).
Darüber hinaus werden teilweise feste Vertragsstrafenhöhen auch für einzelne Pflichtverletzungen als bedenklich angesehen werden. Das OLG Oldenburg folgt dem nicht und hält eine feste Vertragsstrafenhöhe für wirksam, wenn sie in Relation zum Verdienst des Vertriebspartners steht. Angesichts der weiter nicht höchstrichterlich geklärten Rechtslage sollten Vertragsstrafen jedoch nur dann keinerlei Wirksamkeitsbedenken ausgesetzt sein, wenn ein sog. „Hamburger Brauch“ bei der Vertragsgestaltung verwendet wird.